Engel der Straßenkinder
Yvonne Bezerra de Mello
Am 23. 7. 2002 sah ich im Ersten Deutschen Fernsehen den Beitrag der Filmemacherin Monika Treut „Kriegerin des Lichts“ über Yvonne Bezerra de Mello aus Rio de Janeiro, Brasilien.
In dieser Stadt gibt es über 500 Elendsviertel, die dort Favelas genannt werden. Man schätzt, dass in den Favelas über eine Million Menschen wohnen. Die Kinder, die dort geboren werden, sind praktisch von dem Zugang zur Bildung ausgeschlossen. Sie werden kaum zur Schule gehen, und eine Universität bleibt für sie ein Traum, denn Bildung ist in Brasilien nur etwas für die reiche Oberschicht.
Die Kinder der Straße leben in äußerster Armut, sie können weder lesen noch schreiben, und sie müssen ihren Lebensunterhalt meist selbst verdienen. Einige verkaufen Zeitungen, andere stehlen, wieder andere werden als Drogenkuriere missbraucht, und viele von ihnen prostituieren sich.
Das Schicksal dieser Kinder wurde im Film sehr deutlich dargestellt, und ich sah die Arbeit der Bildhauerin und Schriftstellerin Yvonne Bezerra de Mello, wie sie den Straßenkindern all ihre Liebe und Fürsorge zukommen lässt.
Ihr Projekt heißt Uere, auf Deutsch „Kinder des Lichts“ und es bekommen dabei zur Zeit 150 Kinder täglich Frühstück und Mittagessen, erhalten Unterricht in Lesen und Schreiben, lernen musizieren und malen und werden über Drogen und Safer-Sex aufgeklärt. Sie bekommen verschiedene Hilfen und auch Möglichkeiten zur Ausbildung, um ein menschenwürdiges Dasein führen zu können.
In diesem Film sah ich, wie Yvonne Bezerra de Mello die Favela-Kinder in ihre Arme nimmt, und wie scheu die Kinder sind. Ihre Mütter, die oft drogenabhängig sind, haben sich ihren Kindern nie mit Zärtlichkeit genähert, meist sprechen sie nicht einmal mit ihnen.
Kinder aber brauchen Zuwendung, sie gehen sonst zugrunde. Wie Yvonne Bezerra de Mello mit diesen Kindern umgeht, und wie diese nach einer Weile antworten, indem sie sich öffnen, das ist mir wie ein Wunder vorgekommen.
Die Öffentlichkeit in Brasilien nimmt kaum Notiz von der Arbeit des Projektes. Die Oberschicht, zu der Yvonne Bezerra de Mello übrigens selbst gehört, wirft ihr vor, sie kümmere sich um Diebe und Verbrecher.
Yvonne Bezerra de Mello hat an der Sorbonne studiert, sie spricht sechs Sprachen und ist in zweiter Ehe mit einem reichen Hotelier, einem Angehörigen einer alten, angesehenen brasilianischen Familie, verheiratet. Das Ehepaar besitzt eine Strand- und Wochenendvilla, ein eigenes Pferd, ein Künstleratelier, und hat gesellschaftlichen Verkehr mit der brasilianischen Elite.
Ihr Engagement für die schwächsten Außenseiter des städtischen Lebens in Rio de Janeiro machte Yvonne Bezerra de Mello international als Menschenrechtlerin bekannt. Die Reichen in Brasilien aber fühlen sich von ihrem Mitglied verraten, denn sie halten die Kinder der Straße für Kriminelle, für Abschaum.
Diese Kinder kamen in dem Film von Monika Treut gut zu Wort und zur Geltung. Ihre Träume wurden vorgestellt, und ich kann mir gut vorstellen, dass einige dieser Träume wahr werden können. Ich persönlich würde mich freuen, wenn es viel mehr Menschen auf der Welt gäbe, die Yvonne Bezerra de Mellos unterstützen.
© Copyright Mary Sylvester Freiburg/New York 2002
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e-Mail-Kontakt zu Yvonne Bezerra de Mello und ihr Projekt Uere: mailto:projeto_uere@infolink.com.br
Mehr Information auf der Webseite:
http://www.projetouere.org.br
Info zum Film:
http://www.hyenafilms.com
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